Borna, 8.6.42.

Liebe Eltern!

Habe heute Euer liebes Päckchen erhalten und danke Euch recht herzlich. Natürlich schmecken mir die Weiß wecken und der Speck vom Onkel dazu, ist ein herrlicher Festschmaus. Wir sind doch in einem Alter, wo man sich gar nicht satt essen kann. Ich weiß noch, wie Ihr erzählt habt, wieviel Zwetschkenknödel u.s.w. Ihr mit achtzehn, zwanzig Jahren gegessen habt. Und so geht es auch uns. Wir sind den ganzen Tag im Freien und haben Ausarbeitung genug. Da soll es einem nicht schmecken.

Ja, vom Bruder habe ich auch mit sehr großer Freude zwei Briefe erhalten. Der Erste kam über Dresden nach Borna. Wir können auch bald ins Feld kommen. Sobald acht Wochen Ausbildung vorbei sind, müssen wir mit jeden Tag bereit sein. Müssen nicht nach Rußland kommen. Können ja auch wo anders hinkommen. Die Welt ist doch so groß.

Wir waren vor einigen Tag Gefechtsschulschießen an der Thüringschen Grenze in Altenburg. Sind etlich Kilometer marschiert. Bei uns wird auch gemunkelt, daß wir nach Königsbruck fahren, Scharfschießen, daß wäre fein. Da kommen wir auf den Truppenübungsplatz, wo der Bruder und Hansl waren. Da könnte ich vielleicht einen kleinen Abstecher nach Dresden machen, denn sonst komm ich nicht weg. Haben nur Sonntags von 2-8 Uhr Ausgang. Da werden wir sehen, was uns die nächsten Wochen alles bringen.

Abwechslung haben wir genug.

Ja, da wurde mein Mantel gestohlen. Es ist schade darum. Derjenige soll aber auch nicht glücklich werden. Armes Deutschland.

Hollmann Konrad war daheim, da war die Freude groß, daß kann ich mir lebhaft ausmalen. War auch schon sehr lange nicht zu Hause. Es wird auch der Tag kommen, wo mich der Zug heimwärts bringt. Werde die Ansichtskarten schreiben. Muß jetzt schließen, Mittagspause geht bald zu Ende.

Recht herzliche Grüße von
Eurem dankbaren
Sohn Karl.