15. July 74

Liebe Mama, lieber Papa !

Gestern habe ich euren Brief und Studentenausweis erhalten, vielen Dank! Heute ist Sonntag, die Kinder sind bei ihrem Vater (die Eltern sind näm- lich geschieden) und es herrscht eine heilige Ruhe im Haus. Ich bin schon wieder 4 Wochen hier, und es ist wirklich herrlich. Es ist immer etwas los und ich genieße den Sommer sehr. Ich freue mich natürlich schon sehr euch alle wiederzusehen, aber auf der anderen Seite mag ich gar nicht daran denken, daß ich all die lieben Leuten verlassen muß. Jimmy und ich werden nächste Woche wahrscheinlich für ein paar Tage nach San Francisco fahren, ich bin schon neugierig, angeblich ist es die schönste Stadt, die Amerika zu bieten hat.

Horst hat geschrieben und auch Renate. Von Erni hab ich schon lange nichts gehört.

Momentan hab ich einen irrsinnigen Schnupfen, aber es ist schon im Abklingen.

Könnt ihr euch noch erinnern, vor einem Jahr hab ich beim Anker geschuftet und inzwischen Ist soviel passiert … .

Ich wünsche euch einen tollen Urlaub, erholt euch gut, werdet braun und laßt mir Treffen und alle Bewohner recht schön grüssen. Besonders natürlich die Buchachers.

Stellt euch vor, ich habe einen Wiener getroffen! In dem Geschäft, in dem Jimmy seine Zigaretten kauft, ist ein Mann, von dem mir J. erzählt hat, daß er so einen komischen Akzent hat. Wir sind hingegangen und ich hab ihn auf Deutsch angeredet. Er konnte es gar nicht fassen und war ganz aus dem Häuschen. Noch beim Hinausgehen hat er gerufen: „Das Fräulein ist aus Wien, das F. ist aus Wien!“

Viele fette Sommer-Bussi
Eure Martina