20. Nov. 88

Liebe Eltern!

Ich wollte euch schon die ganze Woche schreiben, aber euer Brief ist mir zuvor gekommen! Es ist Sonntag abend, ich habe dieses Wochenende viel geputzt, die Küche und das Bad gründlich sauber gemacht, Wäsche gewaschen usw. Es hat den ganzen Tag geregnet.

Ich bin froh, daß euch nichts passiert ist mit dem Auto. Das ist ein großer Schrecken, der einem lang in den Knochen steckt. Andererseits kann man nicht immer zu Hause sitzen.

Ich muß euch heute etwas unangenehmes mitteilen u. bitte euch im vorhinein euch nicht aufzuregen. Ich habe mich nach langem Überlegen von Don getrennt. Wie ihr wißt, kennen wir uns schon seit 3 Jahren u. ich wollte eigentlich schon seit langem heiraten od. zumindest zusammen ziehen. Leider war Don dazu nicht bereit. Ihr könnt euch sicher vorstellen, daß mir dieser Entschluß nicht leicht gefallen ist, da wir uns ja an sich gut verstehen. Irgendwie möchte ich aber doch mehr Sicherheit von einer Beziehung u. es ist mir irgendwie zu blöd geworden, immer zu warten. Es tut mir leid, daß ich euch wieder einmal eine Aufregung bescheren muß, aber es geht mir eigentlich gut. Ich habe mich schon seit einem Jahr damit herum geschlagen u. gewartet. Ich habe mich eigentlich nicht allzu sehr aufgeregt, anscheinend, nach den vielen Trennungen die ich schon erlebt habe, kommt man auch damit in Übung. Ich bin auch nicht einsam, ich habe noch immer Freundinnen u. Bekannte, und eine Arbeit die mich ausfüllt. Ich habe endlich einen Auftrag in der Arbeit bekommen, den ich alleine entwerfen kann. Einen Jahresbericht für eine Schule, und ich freue mich schon darauf.

Die Liselotte weiß es schon, ich habe sie angerufen. Sie war sehr erstaunt u. auf den Don böse. Ich will ihm nicht ganz alleine die Schuld in die Schuhe schieben, es gehören ja bekanntlich immer zwei dazu. Manchmal hoffe ich auch, daß sich noch einmal alles einrenken wird.

Die Wahlen sind vorbei, Dukakis wäre mir eigentlich lieber gewesen, aber mich haben sie nicht gefragt! Diesen Donnerstag ist bei uns ein Feiertag „Thanksgiving“, das große Truthahnessen. Ich bin bei Sara eingeladen. Freitag haben wir auch frei.

Ich lasse es mir gut gehen, gehe oft turnen u. habe mir einige neue Kleidungsstücke gekauft. Übermorgen gehe ich ins Konzert, da spielen die Wiener Symphoniker, darauf freue ich mich schon. Ihr braucht euch also keine Sorgen zu machen. Liselotte wollte, daß ich zu Weihnachten komme, u. sie wird wahrscheinlich böse auf mich sein. Es kostet aber so viel u. ich möchte mir den Urlaub lieber für den Sommer aufheben u. ich komme dann wieder für 2 Wochen. Ich werde jetzt noch ein bissel lesen u. dann morgen, fängt die Arbeitswoche wieder an. Es sind jetzt öfters Nachrichten von Ungarn u. der Tschechoslowakei, da tut sich einiges.

Laßt alle schön grüßen u. viele Bussi an euch beide,
Eure Martina